Mit offenem Mund sitzen wir immer vor dem Bildschirm, wenn wieder einer dieser unglaublich coolen Stunts in ein Motorradrennen eingebaut wird:
Die Kurve wird einfach abgekürzt, indem das Hinterrad lässig über den Boden schleift. Im perfekten Winkel natürlich und direkt danach mit ordentlich Vollgas aus der Kurve raus.
Dieses Manöver nennt man Driften oder Sliden. Hier geht es um ein Stuntmanöver, von dem wir schon seit unserer Kindheit träumen. Driften ist das manifestierte Bild von Coolness.
Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass das kein Manöver ist, dass an den Anfang deiner Motorrad-Karriere gehört – es braucht viel Erfahrung und Feingefühl für deine Körperhaltung und deine Maschine, damit Driften sicher und lässig ausgeführt werden kann.
Und selbst dann: Hinlegen ist Pflicht!
Aber – Wie geht das denn jetzt, das Driften?
Das bedeutet Driften
Driften ist eine Technik, in der das Hinterrad kontrolliert leicht blockiert wird: Genau so viel, dass es eine Differenz in der Umdrehung des Hinterrads und der gefahrenen Geschwindigkeit gibt ohne zu Stempeln, also zu Blockieren. Letztendlich ist es ein balanciertes Zusammenspiel aus Kupplung, Hinterradbremse und Gas.
So kommen professionelle Biker schneller um die Kurven, denn sie sparen sich einiges an Weg.
So kannst du es lernen
Ich sage dir nicht, steig auf dein Motorrad, zieh die Bremse, leg dich in die Kurve und los gehts. Um Himmels Willen. Driften ist eine Kunst, die ein bisschen Zeit braucht.
1. Mit Kupplung und Hinterradbremse spielen
Der erste Schritt ist es, dich damit vertraut zu machen, deine Hinterradbremse zu benutzen. Zieh die Kupplung und blockiere dein Hinterrad. Easy as that. Gerade wenn du sonst meist mit der Vorderbremse arbeitest, fühlt sich das im ersten Moment komisch an – und genau deswegen fängst du damit an.
2. Finde deine Richtung
Im zweiten Schritt schlägst du bereits in eine Richtung ein.
Finde DEINE Drift-Richtung. Das ist ein bisschen wie beim Radfahren. Oder beim Skateboardfahren früher – ein Fuß geht ganz intuitiv in den Lead, der andere arbeitet. Genauso verhält es sich auch beim Driften: Mit einer ganz natürlichen Intuition weiß dein Körper, welche deine Schokoladenseite ist.
3. Sliden
Der dritte Schritt gibt dir schon das entsprechende Feeling. Du hast die Kupplung gezogen und bist mit einer Hinterradbremse seitlich zum Stehen gekommen? Super, allein das sieht schon lässig aus, ist aber noch nicht das, worum es uns eigentlich geht – das kommt jetzt:
Als nächstes lässt du nämlich deine Kupplung (kontrolliert) los. Und zwar genau in dem Moment, indem du schon in der Kurve hängst. Dein Vorderreifen wird dich beschleunigen, dein Hinterreifen wird leicht, bricht zur Seite aus und schleift ohne zu blockieren – der perfekte Slide. Ganz cool und kontrolliert, wie du es möchtest.
4. Balance finden
Im vierten Schritt geht es um das Finetuning: Die Balance. Nämlich geht es hier darum, die richtige Balance in deiner Sitzposition UND der Bremsbetätigung zu finden. Letzteres erreichst du tatsächlich durch Übenübenüben. Es geht eben um genau diesen einen Bremsmoment, der nicht in Worte und Theorien zu packen ist.
Ersteres ist natürlich auch eine Frage der Erfahrung. Hier gilt: Nicht zu aufrecht, nicht zu tief. Und je schneller du bist, desto tiefer musst du gehen. Wenn du zu hoch bist, riskierst du einen der gefürchteten Highsider und wenn du zu tief bist einen Lowsider. (Zugegeben, eher ein unbekannteres Problem). Doch dazu später mehr. Die optimale Haltung unterstützt die Schräglage, also drück mit den Beinen und dem Lenker in die Kurve und halte somit gegen das Ausbrechen.
Andere Techniken:
Wir finden, dass es so am leichtesten geht. Und auch Stuntprofi Brian denkt das in seinem Video:
Aber es gibt auch andere Vorgehensweisen.
Es gibt die Möglichkeit der folgenden Abfolge: Kupplung ziehen – hart vorne bremsen (das entlastet den Hinterreifen) – runterschalten (optimalerweise soweit wie du brauchst, um aus der Kurve heraus zu beschleunigen) – Hinterradbremse leicht betätigen – und dann die Kupplung am Schleifpunkt kommen lassen.
Letztendlich ist das Prinzip dasselbe, aber die Technik eine andere. Welche für dich besser passt? Probier es aus!
Übrigens kannst du dich auch Coachen lassen beim Driftenlernen: Nämlich mit explizit darauf ausgelegten Drift Trainings.
Technische Voraussetzungen
Letztendlich ist Driften kein Privileg von Stuntbikes. Dein Motorrad hat eine Kupplung, ein Gashebel und eine Hinterradbremse? Spitze! Du bist technisch ausgerüstet zu driften wie ein Pro.
Natürlich gibt es einige hilfreiche Tipps und Tricks, wie es noch besser gelingt:
Je höher der Reifendruck deines Hinterrads ist, desto leichter ist es zu driften. Macht Sinn, denn wenn dein Reifen nur noch schlapp über den Boden rollt, dann hast du so viel Bodenkontakt, dass selbst die perfekte Schräglage den Reifenkontakt nicht ausreichend minimiert.
Dein Vorderreifen muss greifen. Was du wirklich nicht willst, ist mit beiden Reifen wegzurutschen. Deswegen: Ist er top in Schuss? Hast du ihn vor den Drift-Übungen ein paar Minuten aufgewärmt?
Zum Üben und zum Schutz deines Motorrads könnten Protektoren für deine Ducati, Aprilia oder MV Agusta von Vorteil sein. Ich meine: Sicher ist sicher und wie ich oben schon schrieb – Hinlegen ist Pflicht.
Topoutfeder beim Stoßdämpfer kann helfen, ist aber nicht bei jedem Motorrad möglich. Dies kann die Gefahren des plötzlichen Blockierens (und damit des Highsiders) reduzieren.
Und noch ein Wort zum Verschleiß. Natürlich geht das Driften auf einige Teile. Reifenhersteller werden sich freuen (Ja, die schöne schwarze Spur kommt irgendwo her! ;)) und auch eine thermostabile Hinterradbremse sollte in Erwägung gezogen werden. Denn eins ist Pflicht – beide Bremsen müssen absolut berechenbar und zuverlässig sein und bleiben.
Das sind die Gefahren beim Driften
Du liest es schon raus: Driften ist nicht ohne und bringt ein paar Gefahren mit sich, die du einkalkulieren musst. Das ein oder andere Mal wirst du dich sicherlich auf die Nase legen – wenn du das mit einplanst, wird das aber nicht dramatisch sein.
Der Lowsider: Der passiert, wenn du dich zu tief in die Kurve legst und beide Reifen den Bodenkontakt verlieren. Ganz ehrlich – wenn du nicht gerade ein Rennprofi bist, dann wird das nicht dein größtes Problem sein, dafür ist das in die Seite legen viel zu ungewohnt für die meisten!
Der Highsider: Das ist der gefürchtete Fluch. Das, wovor überall gewarnt wird. Das, was dir richtig schmerzhafte Stürze verursachen kann. Wenn du von der Gefahr noch nicht überzeugt bist, dann sieh dir dieses Video eines Highsider-Sturzes an. Autsch!
Letztendlich passiert das, wenn dein Hinterrad plötzlich zu viel Grip hat. Also wie kannst du das verhindern? Immer schön vorsichtig mit der Menge an Hinterradbremse UND im Zweifelsfall lieber die Kupplung gedrückt halten als sie loszulassen!
Der zu enge Lenkeinschlag: Jup. Am besten ist eine stetige und eher leichte Lenkführung. Denn wenn deine Lenkung zu stark ist, verlierst du die Kontrolle über die Kurvenführung. Und landest in der Leitplanke.
Die Gefahren steigern deine Neugierde eher noch? Dir juckt es schon in den Fingern, deine Schleifspuren auf dem nächsten Parkplatz zu verewigen? Das freut mich sehr – denn Driften sieht nicht nur super lässig aus, sondern macht echt Bock!
Bildquellen
- Mit dem Motorrad driften: pixabay.com